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Ausblick 2022

3 Thesen zum M&A Markt für Digital-Unternehmen

von: Max Köhler-Karstens

Trotz Omikron ist 2022 das Ende der Corona Krise zumindest wirtschaftlich absehbar. Seit März 2020 hatten Digital-Unternehmen erheblich profitiert und die Unternehmensbewertungen sind deutlich gestiegen. Wie wird sich der M&A Markt im Jahr 2022 entwickeln? Ein Ausblick.

 

These 1: Die Anzahl an Transaktionen von Digital-Firmen steigt

Die Anzahl der Transaktionen wird getrieben durch ein höheres Angebot und höhere Nachfrage. Immer mehr Startups werden gegründet. Nachdem Mitte der 2010er Jahre mehr Unternehmen liquidiert wurden als gegründet, hat sich der Trend durch einen Anstieg der Neugründungen inzwischen umgekehrt. [1] Unter den Existenzgründungen sind nun auch zunehmend Startups. „Jede vierte Gründung ist `digital´, das heißt, deren Angebot ist nur durch den Einsatz digitaler Technologien nutzbar“, meldet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. [2] Und immer mehr Gründer bauen die Unternehmen Exit-orientiert auf. Laut einer Studie von PWC streben inzwischen 58,7% der Unternehmer einen Exit an. [3]

Auf der Seite der Nachfrager nach Digital-Unternehmen sind zwei zentrale Trends sichtbar. Zum einen sorgt das niedrige Zinsniveau und die Geldschwemme im Markt nach wie vor dafür, dass auch risikobehaftete Übernahmen gewagt werden und finanzierbar bleiben. Zum anderen sehen inzwischen Strategische Investoren die Chance durch die Beteiligung an einem Digital-Unternehmen eigene Digitalisierungsansätze aufzubauen bzw. zu verstärken und beispielsweise Zugriff auf Talente und Märkte zu bekommen.

Mehr Interesse von Investoren an Übernahmen und eine größere Auswahl an gut geführten Digital-Unternehmen wird die Anzahl der Transaktionen im Digitalbereich im Jahr 2022 nochmals leicht über den bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 2021 steigen lassen. Im vergangenen Jahr war die Anzahl durch Nachholeffekte aus dem Vorjahr erhöht. Während Analysten von der Investmentbank Lincoln einen Rückgang der Transaktionen in allen Branchen im Jahr 2022 um 20% im Vergleich zum Vorjahr erwarten, werden gerade die Digital-Transaktionen weiter auf einem hohen Niveau bleiben. Beispiel E-Commerce: Während viele Investoren nach der ersten und zweiten Corona-Welle noch skeptisch waren, ob die Kunden nach den Lockdowns wieder in den stationären Handel zurückkehren und das Wachstum der E-Commerce Branche nur kurzweilig war, sind die veränderten Konsumneigungen der Kunden nun nicht mehr anzuzweifeln.

These 2: Finanzinvestoren auf dem Vormarsch

Zu Finanzinvestoren gehören neben Venture Capital auch Private Equity Fonds oder Family Offices. Gerade bei Investments in Digital-Unternehmen mit großem Potential sind der erzielbare Verkaufspreis und die Finanzierbarkeit der Akquisition die wichtigsten Faktoren für Finanzinvestoren.

Digital-Unternehmen nehmen eine immer relevanter werdende Rolle in der mittelständischen Wirtschaft ein. Gleichzeitig zeichnen sich beispielsweise SaaS Unternehmen durch eine interessante Margenstruktur aus, die die Finanzierbarkeit durch hohe operative Cashflows sichert. Mit der Null-Zins-Politik der Zentralbanken ist viel Liquidität in den Sektor der alternativen Investments geflossen, zu dem Finanzinvestoren gehören. Dies zeigt sich in der Summe der VC-Investments in europäische Startups, die im Jahr 2021 bereits 121 Milliarden Dollar überstieg und sich im Vergleich zum Vorjahr knapp verdreifachte. Der geschätzte Unternehmenswert aller Tech Firmen in Europa liegt bei etwa 3 Billionen USD und hat und sich in den letzten 3 Jahren verdreifacht.“ (s. Grafik)

Gleichzeitig steigt der Betrag der weltweit eingesammelten Liquidität, die aber noch nicht investiert wurde („Dry Powder“) auf 2,9 Billionen USD an. 2017 lag die Summe des Dry Powders mit 2,1 Billionen USD noch 27% niedriger. [4]

Obwohl so viel investiert wird wie noch nie, steigt die Summe der noch nicht investierten Gelder weiter an. Dieser Anlagedruck sorgt dafür, dass Finanzinvestoren sich auch riskanteren Anlageklassen widmen, und vermehrt in Digital-Unternehmen investieren. Unsere Analysten schätzen, dass der Anteil von Private Equity Investments bei Buy-out-Transaktionen mit einem Volumen von mindestens 25 Mio. Euro von derzeit etwa 25% auf 35% im Jahr 2022 steigt.  

These 3: ESG Einfluss auf Bewertungen steigt

Am 31.12.2021 stellte die EU Kommission die lange erwartete EU-Taxonomie zu nachhaltigen Investitionen vor. Darin als ökologisch eingestuft: Atomenergie. Damit wird Atomkraft von vielen Fonds als ESG-konform eingestuft werden und die Investmentsumme kann steigen. ESG steht für Environmental, Social & Governmental Standards und definiert Standards für nachhaltiges Wirtschaften.

Lange Zeit wurden die ESG Kriterien bei Investitionsentscheidungen nur am Rande wahrgenommen. In Jahresabschlüssen wurden teilweise „Nachhaltigskeitsberichte“ bestenfalls angehangen. Ernsthafte Beachtung fanden die Berichte nicht. Auch da keine einheitlichen Richtlinien festgelegt wurden, nutzten viele Fonds die Bezeichnung ESG mutmaßlich nur, um Greenwashing zu betreiben.

Diese Zeiten sind nun vorbei. In den USA verzeichnete Morningstar im ersten Quartal 2020 Investments in nachhaltige offene und börsengehandelte Fonds in Höhe von fast 10 Milliarden US-Dollar. Dies entsprach bereits mehr als der Hälfte der Investments für das gesamte Jahr 2019.

Einige neue Fonds tätigen inzwischen ausschließlich Investitionen in nachhaltige Targets. Und auch die großen Private Equity Fonds ziehen nach: Bregal aus München hat beispielsweise bereits seit einigen Jahren ESG-Due-Diligence Prüfungen eingesetzt, um klare Key Performance Indicators festzulegen, an denen der nachhaltige Erfolg gemessen werden kann.

Erste nicht ESG-konforme Unternehmen merken inzwischen, dass Handlungsbedarf besteht. In einem aktuellen Fall gliedert ein Konzern eine profitable Tochtergesellschaft aus, die zwar gut zu der Konzernstrategie passt, aber durch ihre Kundenbeziehung als einziger Baustein im Konzern nicht als ESG-konform eingestuft werden kann. Durch die Ausgliederung und den Verkauf wird sich erhofft, dass die gestiegenen Kapitalkosten wieder sinken. Gründer, die schon heute die Unternehmenskultur auf ESG Kriterien oder den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN aufbauen werden im Jahr 2022 einen zusätzlichen Rückenwind bei Gesprächen mit Investoren haben.

 


https://www.ifm-bonn.org/fileadmin/data/redaktion/statistik/gruendungen-und-unternehmensschliessungen/dokumente/GewExGr_Li_D_2010-2020.pdf

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/existenzgruendung.html

https://www.pwc.de/de/branchen-und-markte/start-up-monitor-dsm-2020.pdf

https://www.bain.com/globalassets/noindex/2021/bain_report_2021-global-private-equity-report.pdf Seite 13

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